Astor Piazzolla - Der Meister des „Tango nuevo”

Astor Piazzolla

Gymnasium | Mittlere Schulformen

Musik

10. | 11. | 12. | 13. Klasse

12 - 15 Unterrichtsstunden

Beschreibung

Eine Sängerin, die eine Stadt ist? Eine Trauermusik für den Vater, die Jahrzehnte öffentlich aufgeführt wird? Eine Melodie aus nur einem Rhythmus und einem Ton? All dies und mehr gibt es in dieser Unterrichtsreihe - zum Singen, Spielen, Mitspielen, zum Hören beim Erkunden von Astor Piazzollas spannendem Lebensweg, der auf der ständigen Suche nach Veränderungen den Tango erneuerte und ihn so am Leben erhielt. Seine Musik, die aus europäischen und südamerikanischen Traditionen etwas Neues schafft, hat den Weg von Argentinien in die ganze Welt gefunden.
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Kompetenzen

Klassenstufe:10–13 (Sekundarstufe II)
Dauer:ca. 14 Unterrichtsstunden
Kompetenzen:Sachinformationen erarbeiten, Sprachkompetenz (Spanisch), musikpraktische Kompetenz (Singen, Instrumentalspiel, Rhythmik), analytische Kompetenz (vergleichendes Hören, strukturelle Analyse)
Thematische Bereiche:Stilvergleiche, Spielweisen, Geschichte des Tango, Biografie Piazzollas, argentinisches Spanisch, Rhythmusübungen und Begleitmodelle/Sequenzen, verschiedene musikalische Analysen
Klangbeispiele:CD 56 zu RAAbits Musik (Februar 2023), Track 14–35; Downloadversion: ZIP-Zusatzdatei
Zusatzmaterialien:ZM zu M 2–M 8: ZIP-Zusatzdatei (Downloadversion/Onlinearchiv)

Inhaltsangabe

Bei der Suche nach Gegenständen für Unterrichtsreihen zu „Musikkulturen“, zur „Außereuropäischen Musik“, „Weltmusik“ etc. – gemäß der Formulierung im jeweiligen Lehrplan – dürfte der Name Astor Piazzolla recht bald in den Blick kommen. Seine Musik kann Interesse wecken, da sie europäische und südamerikanische Traditionen in sich vereint, eine eigene Ausprägung der Moderne darstellt und viel gespielt wird. Sie ist rhythmisch interessant, ihr Ausdrucksgehalt ist vielschichtig. Der Zugang zu ihr ist niedrigschwellig, da Piazzolla auf bekannte Muster zurückgreift: in der Form (Liedformen, Reihungen, Fugen u. a.), der Melodiebildung (Periodik, Fortspinnung u. a.) und der Harmonik (klassisch, modern, jazzig). Dennoch sollten die intensive Spielweise gerade seines Quintetts sowie des Bandoneon-Klangs ungewöhnlich genug sein, um eine Beschäftigung mit seiner Musik anzustoßen.

Fachliche Hintergrundinformationen

Der argentinische Tango geriet ab Mitte der 1950er-Jahre in eine Krise, die jüngere Generation wandte sich angloamerikanischer Popmusik zu und die Wirtschaftskrise bewirkte die Auflösung von Ensembles und Veranstaltungsorten. Von den Musikern, die eine Erneuerung des Tango propagierten, war Astor Piazzolla (1921–1992) der wortmächtigste. Sein Name hat inzwischen ein Alleinstellungsmerkmal, er gilt als Synonym für den

Entwicklung des Tango

Der Tango entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts am Río de la Plata in Buenos Aires und in Montevideo, er wird auch

Traditioneller Tango und Tango nuevo

Die Geschichte des Tango wird üblicherweise in drei Phasen untergliedert, die Guardia vieja (alte Garde, ca. 1880 bis 1917), die Guardia nueva (neue Garde, ca. 1917 bis 1955) und den Tango nuevo (ab ca. 1955). Letzterer bewirkte einen Funktionswandel der Gattung von einer tanzbaren Unterhaltungsmusik hin zu einer kammermusikalischen Konzertmusik. Diesen lehnten Traditionalisten ab, folglich wurden sie zu Piazzollas Gegnern. Gleichwohl ist der Gegensatz kein prinzipieller. Piazzolla spielte und arrangierte viele Jahre traditionelle Tangos und führte einige weiterhin auf. Seine Kompositionen basieren auf der Idiomatik des Tango, den er neben dem Einfluss von Jazz, Klezmer und Rock mit Mitteln der Neuen Musik (mit Anknüpfungen an Strawinsky, Bartók, Ginastera u. a.) kompositorisch weiterentwickelte, ohne Stile zu fusionieren. Er entwickelte einen unverkennbaren Personalstil.

Astor Piazzolla

Das Werk Piazzollas steht an der Schnittstelle zwischen europäischer und lateinamerikanischer Musik sowie zwischen Neuer Musik und Unterhaltungsmusik. Im Gegensatz zu vielen Komponisten der Moderne strebte er stets an, ein großes Publikum zu erreichen. Seine (eigentlich im Pop beheimatete) Attitüde, sich ständig verändern zu müssen, mit neuen Ensembles, Stücken, Arrangements, Instrumenten sowie Solisten und Sängerinnen zeugen davon. Dass, wie bis ins 19 Jh. hinein üblich, der Komponist zugleich der Ausführende seiner Musik ist, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Vielfach wird Astor Piazzolla als der größte Bandoneonspieler überhaupt angesehen. Er war selbst sein bester Interpret.

Didaktisch-methodische Erläuterungen

Schwerpunkt der Unterrichtseinheit: Der Tango nuevo

Zugänge zur Musik Piazzollas

Einige Stücke Piazzollas bieten sich für die Musikpraxis in der Schule an, sie zu musizieren dürfte für viele Schüler und Schülerinnen attraktiv sein. Bei den Rhythmen und der Perkussion eröffnet sich die Möglichkeit, an frühere Beschäftigungen mit lateinamerikanischen Tänzen anzuknüpfen. In der Sekundarstufe I könnten Calypso, Cha-Cha-Cha, Rumba u. a. im Musikunterricht präsent gewesen sein: getrommelt, gesungen und getanzt. Beim Spielen auf Instrumenten bieten sich Aufteilungen innerhalb der Lerngruppe an, bei denen die Spielfähigkeit der Einzelnen berücksichtigt werden kann.

Praxis und Reflexion

Eine musikpraktische Annäherung an andere Kulturen gelingt besser, wenn sie durch Sachinformationen und Analysen gestützt wird. Auf dieser Basis bietet diese Unterrichtsreihe verschiedene Herangehensweisen an. Zu ihnen gehören: Hörvergleich, Verarbeitung von Informationen, Singen, Spielen, Mitspielen, Notentext- und Höranalyse. Eine methodische Vielfalt zielt auch darauf ab, im Unterricht vielfältige Sozialformen und Binnendifferenzierungen zu ermöglichen.

Voraussetzungen und Umsetzung

Diese Unterrichtsreihe zur Musik Astor Piazzollas richtet sich an die Sekundarstufe II. Einige Zusatzaufgaben (vor allem in den Zusatzmaterialien/ZM) nehmen – im Sinne der Differenzierung – Fortgeschrittenere in den Blick. Die Instrumentalparts von Yo soy María und Libertango sind im Schwierigkeitsgrad differenziert, um sowohl Schülerinnen und Schüler mit geringer Spielpraxis als auch solche mit viel Erfahrung im Instrumentalspiel zu erreichen. Yo soy María als Gruppe gemeinsam zu musizieren, stellt keine geringe Anforderung dar. Hinweise zur konkreten Umsetzung finden sich in den jeweiligen Hinweisen zu den Materialien.

Literaturempfehlungen

1. Zu Piazzolla

2. Zum Tango

  • Krüger, Janine: ¿Cuál es tu tango? Musikalische Lesarten der argentinischen Tangotradition. Münster u.ö.: Waxmann 2012.Dissertation zur Erforschung der aktuelleren Tangokultur in einem interdisziplinären Ansatz, der Texttheorien mit Musik- sowie Tanzwissenschaft vernetzt. Die Analyse ausgewählter Arrangements von Tangoklassikern (u. a. di Sarli, Pugliese) dient als Basis für die Reflexion von Strategien im Umgang mit dem Erbe.
  • Künstlerhaus Bethanien (Hg.): Melancholie der Vorstadt: Tango. Berlin: Frölich & Kaufmann 1982.Ein anregendes Lese- und Fotobuch, das viele originale Texte zum Tango präsentiert: zu seiner Sozialgeschichte und Verbreitung, zum Tanz und Bandoneon, zu Liedtexten und zum Einfluss auf die Literatur.
  • Reichardt, Dieter (Hg.): Tango. Verweigerung und Trauer. Frankfurt/Main: Suhrkamp 1984; Erstausgabe: Frankfurt/Main: Vervuert 1981.Klassisches Standardwerk zum Tango; setzt den Schwerpunkt auf die gesellschaftlich-politische Ebene der Tangogeschichte; mit einer umfangreichen Anthologie von Tangotexten mit sehr gelungenen Übertragungen ins Deutsche.
  • Salas, Horacio: Der Tango. Stuttgart: Abrazos 2002, aus dem Spanischen von Thure Roman Adler, Einleitung von Ernesto Sabato; Originalausgabe: Salas, Horacio: El Tango. Buenos Aires: Planeta 1986.Grundlegendes Werk zur Tangogeschichte, die vielfältig kontextualisiert wird; stellt in kurzen Kapiteln die wichtigsten Tangomusikerinnen und -musiker vor.

Filme (DVDs/YouTube-Links)

  • Astor Piazzolla in Portrait. DVD: BBC Opus Arte OA 0905 D, 2004.Enthält zwei Filme:1. Tango Maestro, Dokumentarfilm von Mike Dibb, 2004,106 Min.2. Tango Nuevo (Piazzollas letztes Studio Konzert, 1989), Regie: Tonny Staveacre, 46 Min.https://www.youtube.com/watch?v=LT8HsSM8blg bzw.https://www.youtube.com/watch?v=UFuDWMwtx_4.Die komplette DVD enthält einen chronologischen Abriss der Biografie mit vielen Interviews und Musikaufnahmen, ein Studiokonzert des Sextetts, Zusatzmaterial mit einer Probe sowie weiteren Interviews; sehr breite Materialbasis.
  • Homage to Astor Piazzolla – The Man who Revolutionized the Tango. Dokumentarfilm.Buch und Regie: Christopher Nupen, José Montes – Baquer. Allegro Films, London 1998/WDR Köln/TSI Lugano, 50 Min.https://www.youtube.com/watch?v=owJEv-Be5hI(Shortlink: https://raabe.click/homagepiazzolla)(= Video 1).Live-Aufnahmen von Piazzollas zweitem Quintett sowie Gidon Kremers Astor-Quintett werden durchsetzt mit Teilen aus Interviews mit Piazzolla und Kremer.
  • Piazzolla – The Years of the Shark. Dokumentarfilm von Daniel Rosenfeld.Idéale Audience – ARTE France – INA Daniel Rosenfeld Films/Argentinacine-Canal Enquentro 2017; DVD: EuroArts 2078848, 2021, 90 Min.https://www.youtube.com/watch?v=o6AMotllijs (bei YouTube gegen Bezahlung leihweise bzw. käuflich zu erwerben).Porträt Piazzollas, zu größeren Teilen aus der gebrochenen Sicht des Sohns Daniel, eher assoziativ als analytisch; unter Einbezug vieler, auch persönlicher Archivmaterialien.

Noten

  • Astor Piazzolla: María de Buenos Aires. Operita en 2 partes. Textos de Horacio Ferrer. Melos Ediciones Musicales S. A., Buenos Aires 2008 (Editorial Lagos, Buenos Aires 1973; Klavierauszug).
  • Astor Piazzolla: Adiós Nonino, Tango. Klavier. Les Editions Universelles, Paris 1962.
  • Astor Piazzolla: Libertango. Klavier. Edizioni Curci, Milano 1975.
  • Astor Piazzolla: Michelangelo 70, Tango. Klavier. Editorial Lagos, Buenos Aires 1969.
  • Astor Piazzolla: Soledad. Quintett. Tonos Musikverlag 2002.
  • Astor Piazzolla: Balada para un loco, Tango. Editorial Lagos, Buenos Aires 1969.

CDs

  • Astor Piazzolla: Astor Piazzolla and the New Tango Quintet: Tango: Zero Hour. American Clavé AMCL 10132, 1996.
  • Astor Piazzolla: Piazzollissimo, 1974–1975. Just a Memory. 1991 (Vol. 1 = Album Libertango).
  • Astor Piazzolla: Adiós Nonino. A.A.A. Pagani. 1992 (enthält: Adiós Nonino, Michelangelo 70, Soledad).
  • Astor Piazzolla: Noches del Regina. Quinteto de Astor Piazzolla y Roberto Goyeneche. BMG Ariola Argentina. 1996 (live 1982, enthält: La muerte del ángel).
  • Astor Piazzolla: María de Buenos Aires, Tango Operita. Gidon Kremer & KremerATA Musica. Teldec. 1998 (enthält als Track 4 “María de Buenos Aires” mit Julia Zenko).

Filme (Filmmusiken)

  • Tango – El Exilio de Gardel. Spielfilm. Argentinien/Frankreich, 1985. Regie: Fernando Solanas.Eine Gruppe argentinischer Theaterleute versucht im Pariser Exil ein Theaterstück über ein fiktives Exil Gardels aufzuführen; César für die beste Filmmusik.
  • Sur. Spielfilm. Argentinien, 1988. Regie: Fernando Solanas.Ein aus dem Gefängnis der argentinischen Militärdiktatur Entlassener versucht, an sein Leben vor der Haft anzuknüpfen; Bezug auf Troilos Tango Sur.

Internetadressen

  • https://www.todotango.com/deutsch/Umfangreiche Internetseite zum Tango; informiert über Stücke, Musikerinnen und Musiker, Komponisten und Texter; enthält Partituren, Tangotexte u. v. m.; viersprachig; auch ohne Registrierung nutzbar (letzter Zugriff: 05.03.2023).
  • https://fundacionastorpiazzolla.org.ar/es/institucionalOffizielle Seite der Piazzolla-Stiftung; enthält Aktuelles, Biografisches, Fotos u. a. (letzter Zugriff: 08.03.2023).

Linkliste (YouTube-Links, ergänzend zur CD 56)

  • Carlos die Sarli: Milonguero viejo.YouTube:https://www.youtube.com/watch?v=lcyZr5Pfqi0&list=RDlcyZr5Pfqi0&start_radio=1&rv=lcyZr5Pfqi0&t=0 (Shortlink: https://raabe.click/milonguero) (= Audio 1)
  • Astor Piazzolla: La muerte del ángel.YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=2FPOTDfMdxw(Shortlink: https://raabe.click/muertedelangel) (= Audio 2)
  • Astor Piazzolla: Yo soy María.Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=pBt_b1qGPEQ(Shortlink: https://raabe.click/yosoymaria) (= Audio 3; vgl. Track 14–17)
  • Astor Piazzolla: Libertango.YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=p4Eh7uiMXAM(Shortlink: https://raabe.click/libertango (= Audio 4; vgl. Track 18–21)
  • Astor Piazzolla: Michelangelo 70.YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=OxnJ1k6ZCbI(Shortlink: https://raabe.click/michelangelo70) (= Audio 5; vgl. Track 22/23)
  • Astor Piazzolla: Adios Nonino.YouTube:https://www.youtube.com/watch?v=oSNsc0_SS6A(Shortlink: https://raabe.click/adiosnonino (= Audio 6; vgl. Track 24–26)
  • Astor Piazzolla: Adios Nonino – KlavierTutorial.YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=8fY8yExSNTc(Shortlink: https://raabe.click/adiosnoninotut (= Audio 6a; vgl. Track 27/28)
  • Astor Piazzolla: Soledad.YouTube:https://www.youtube.com/watch?v=0KQ6nUqZmsU&list=OLAK5uy_m5tAqAHimYD8xhEZMxlUIV1t8sgaWMvys&index=6 (Shortlink: https://raabe.click/soledad) (= Audio 7; vgl. Track 29–35)

Klangbeispiele auf der CD 56 zu RAAbits Musik (Februar 2023)

TrackInhaltDauer
14–17Astor Piazzolla: Yo soy María (Gidon Kremer, Julia Zenko & Kremerata Musica)15: Strophe 2, Markierung16: Strophe 3, Markierung17: Strophe 4, Markierung3:24
18–21Astor Piazzolla: Libertango (Astor Piazzolla)19: Streichereinsatz, Markierung20: Einsatz des Bandoneons, Markierung21: Rhythmisches Thema (Streicher), Markierung2:44
22/23Astor Piazzolla: Michelangelo 70 (Astor Piazzolla; gekürzt)23: Markierung Takt 251:08
24–26Astor Piazzolla: Adiós Nonino (Astor Piazzolla; gekürzt)24: Teil A25: Teil B (Violineneinsatz), Markierung26: Reprise Teil A, Markierung3:24
27/28Astor Piazzolla: Adiós Nonino. Klavier-Tutorial (YouTube-Kanal: Solo Piano/@solopiano1011; gekürzt)28: Teil B, Markierung2:33
29–35Astor Piazzolla: Soledad (Astor Piazzolla; gekürzt)29: Intro30: Markierung Takt 7 (Thema: Klavier-Sequenz, nach Intro)31: Markierung Takt 17 (Teil A, Einsatz Bandoneon)32: Markierung Takt 25 (Thema: Sequenz 1)33: Markierung Takt 29 (Thema, Sequenz 2)34: Markierung Takt 33 (Thema Fortsetzung)35: Markierung Takt 41 (Teil A Wiederholung)2:57

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